Stubenhockerei

Wir gehen nie hinaus, wir bleiben nur zuhaus'.

john cassavetes, {1976} the killing of a chinese bookie

The Killing of a Chinese Bookie

» (Cassavetes‘) Kino der Verdünnung → dokumentarischer als eine Dokumentation, da sogar weniger verdichtend als eine solche.

» Jede Erwartung an den Inhalt des Films (angesichts seiner Themenwelt → ein Striplokal, Glücksspiele, ein Auftragsmord, usw.) bleibt unerfüllt: Die Stripshows sind ermüdend und unmotiviert, das Casino, in welchem Cosmo sein Geld verspielt, wirkt wie ein dörfliches Jugendheim, der Mord und der Weg zur Zielperson, dem vermeintlichen Chinese Bookie, so unaufregend, wie es nur geht.

» Die Inhaltsbeschreibung lesend, freute ich mich vor allem auf Mr. Sophisticated, da ich den Verdacht hegte, er könne vielleicht eine Inspiration für Max Melodramatic gewesen sein. Er stellte sich wie das genaue Gegenteil heraus: Auf der Bühne meist eher stammelnd, leidenschaftslos und schlecht geschminkt.

» Dies ist, nach A Woman Under the Influence, erst mein zweiter Cassavetes; deshalb vielleicht die vielen Erwartungen, die nicht erfüllt wurden, was aber nicht heißt, dass diese enttäuscht wurden. Auch wenn der Film, im Gegensatz zu A Woman Under the Influence, streckenweise sehr ermüdend und anstrengend war, ist gerade das seine Stärke. Dieses so wenig verdichtete in 135 Minuten Film verteilt ist einfach bemerkenswert und regt zur Neubetastung anderer Filme an, grenzt er sie doch ungemein ab.

» Die für mich besonders zentrale und die Wirkung des Films spiegelnde Sequenz ist jene, in der Cosmo mit dreien seiner Tänzerinnen seinen am Anfang des Films errungenen Erfolg feiern geht: Er holt jede einzelne zu Hause mit seiner Limousine ab, hat für jede eine Ansteckblume dabei und sowohl die Tänzerinnen, als auch man selbst als Zuschauer, erwartet eine großartige Nacht, doch schon in der nächsten Szene zeigt sich die Realität: die Tänzerinnen sind unglaublich gelangweilt, das Casino ist absolut unglamourös (die aufgebretzelten Tänzerinnen wirken so deplatziert, wie sie sich fühlen) und Cosmo tut nichts weiter, als all sein Geld zu verlieren. Alles ist so fad wie das Meiste im Leben – selbst bei Stripclub-Besitzern, Stripteasetänzerinnen und Glücksspielern. Und im Grunde verläuft Cosmos Figur dem vollkommen entgegen: Er ist der Einzige, der irgendeine Ergebenheit spürt. Sein Club ist sein Lebensinhalt, er ist ihm Alles; so schäbig und langweilig er auf den Zuschauer auch wirken mag.

» Wie auch A Woman Under the Influence ist The Killing of a Chinese Bookie wirklich schön gedreht. Von der Form her ist besonders die Szene bemerkenswert, in der Rachel Cosmo bei einem Vortanzen stört und die eventuelle Kontrahäntin angreift; die Kamera zeigt das Geschehen nicht direkt, sondern in sehr konfusen Einstellungen – man hört den plötzlichen Gewaltausbruch eher, als dass man ihn aus den Bildern selbst erkennen würde.

(Ein wenig erinnert dies an die Szene aus A Woman Under the Influence, als Mabel nach ihrem Psychiatrieaufenthalt heimkommt und zum ersten Mal ihre Kinder wiedersieht…die Bilder sind ähnlich konfus wie die Emotionen aller Beteiligten.)

» Gibt es unmotiviertere, unaufregendere Stripteaseszenen in der Filmgeschichte?

» Es fällt mir schwer, diesen Film auf einer emotionalen Ebene zu mögen, aber das Hirn erfreut er in immer wieder zu ihm zurück kehrenden Gedanken.

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 16. Januar 2012 von in Filme und getaggt mit , , , , , , , .
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